Quatemberkinder spielen in Zürich
Theatererlebnis pur bietet die neuste Inszenierung von Tim Krohns Romanen. Das Ensemble der Zürcher Hochschule für Musik und Theater verzaubert auch ein städtisches Publikum mit Melgg, Vreneli, Tunscheli oder Wassilissa aus dem Stachelbergbad.
Von Claudia Kock Marti
Zürich. — Der im Glarnerland aufgewachsene Schriftsteller Tim Krohn wartet vor der Premiere am Sihlufer des Theaters an der Sihl und geniesst die letzten Sonnenstrahlen. Sein Bestseller Quatemberkinder und sein noch unveröffentlichter Roman Vrenelis Gärtli stellen das Ausgangsmaterial für den dreiteiligen Theaterabend dar.
Die Premiere ist ausverkauft. Auch ein paar Glarner sind gekommen. Ebenso Regisseur Matthias Werder, der die kürzliche Glarner Inszenierung auf die Bühne brachte. Vorfreude und Erwartungen sind hoch.
Stoff einfühlsam verarbeitet
Die Schauspieler der Zürcher Schauspielschule haben sich engagiert auf den hochalpinen, Sprach-gewaltigen Stoff vorbereitet. Ein Besuch auf Käseren im Klöntal als Annäherung ans Dreckloch, ein Abstecher nach Sool als Annäherung an die Fessisalp und eine Stadtführung durch Glarus, wo der im August erscheinende Roman Vrenelis Gärtli spielt, gehörten dazu.
Rasch zieht das junge Ensemble unter der Regie von Mario Portmann das Publikum mit seinem rasanten wie einfühlsamen Spiel in den Bann der Quatemberkinder. Der Lärm der Stadt ist verklungen. Kuhreiher werden gejodelt. Und als das Vreneli seine Blüemli harenbislet, ist nicht nur der Melgg ganz hin. Die Liebesgeschichte voller Hindernisse, die Erzählung über den steinigen Weg des Erwachsenwerdens, die Sage aus den Glarner Alpen nimmt so ihren Lauf.
Raffiniertes Bühnenbild
Der Wiedererkennungseffekt beim ersten Teil ist gross. Das Staunen über die Möglichkeiten, den Stoff zugleich ganz neu zu dramatisieren und inszenieren ebenfalls.
Die Ausschnitte aus dem noch unveröffentlichten Roman machen speziell neugierig. Melgg verwirklicht sich nach dem Brand von Glarus als Doktor im neu initiierten Spital von Glarus, wo er seine Erfahrung aus Altdorf einbringen kann. Vreneli ist am Schluss schwanger und stirbt — oder doch nicht?
Absolut überzeugend ist das Bühnenbild der Zürcher Inszenierung. Gespielt wird auf einem riesigen quadratischen Bretterboden. Das Publikum sitzt rundherum an den vier Wänden. Die Bretter der Bühne sind heb- und versenkbar und werden so zu glühenden Gletschern oder auch zum brennenden Glarus.
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