quatemberkinder / vrenelis gärtli

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theater an der sihl, zürich, hochschule musik und theater zürich

 

quatemberkinder / vrenelis gärtli
von tim krohn

quatemberkinder, in den theaterfassungen von tim krohn, bearbeitet von petra fischer und mario portmann

vrenelis gärtli, nach dem roman von tim krohn, teile davon in einer fassung von tim krohn und bearbeitet von petra fischer

[alle szenenfotos: bernhard fuchs]

 

 

inszenierung: mario portmann
dramaturgie: petra fischer
raum: patrick bannwart
kostüme: barbara mens
musikalische einrichtung: jörg wockenfuß, jan beyer
einrichtung puppenspiel: frauke jacobi

regieassistenz: corinne geering
ausstattungsassistenz: bärbel trautwein

mit martina binz, daniela britt, angela falkenhahn, lukas kubik, caspar kaeser, benjamin mathis, momo meyer, anne-catherine studer

premiere am 29.3.2007 in zürich, theater an der sihl

 

die südostschweiz vom 31.3.2007

Quatemberkinder spielen in Zürich

Theatererlebnis pur bietet die neuste Inszenierung von Tim Krohns Romanen. Das Ensemble der Zürcher Hochschule für Musik und Theater verzaubert auch ein städtisches Publikum mit Melgg, Vreneli, Tunscheli oder Wassilissa aus dem Stachelbergbad.

Von Claudia Kock Marti

Zürich. — Der im Glarnerland aufgewachsene Schriftsteller Tim Krohn wartet vor der Premiere am Sihlufer des Theaters an der Sihl und geniesst die letzten Sonnenstrahlen. Sein Bestseller Quatemberkinder und sein noch unveröffentlichter Roman Vrenelis Gärtli stellen das Ausgangsmaterial für den dreiteiligen Theaterabend dar.

Die Premiere ist ausverkauft. Auch ein paar Glarner sind gekommen. Ebenso Regisseur Matthias Werder, der die kürzliche Glarner Inszenierung auf die Bühne brachte. Vorfreude und Erwartungen sind hoch.

Stoff einfühlsam verarbeitet

Die Schauspieler der Zürcher Schauspielschule haben sich engagiert auf den hochalpinen, Sprach-gewaltigen Stoff vorbereitet. Ein Besuch auf Käseren im Klöntal als Annäherung ans Dreckloch, ein Abstecher nach Sool als Annäherung an die Fessisalp und eine Stadtführung durch Glarus, wo der im August erscheinende Roman Vrenelis Gärtli spielt, gehörten dazu.

Rasch zieht das junge Ensemble unter der Regie von Mario Portmann das Publikum mit seinem rasanten wie einfühlsamen Spiel in den Bann der Quatemberkinder. Der Lärm der Stadt ist verklungen. Kuhreiher werden gejodelt. Und als das Vreneli seine Blüemli harenbislet, ist nicht nur der Melgg ganz hin. Die Liebesgeschichte voller Hindernisse, die Erzählung über den steinigen Weg des Erwachsenwerdens, die Sage aus den Glarner Alpen nimmt so ihren Lauf.

Raffiniertes Bühnenbild

Der Wiedererkennungseffekt beim ersten Teil ist gross. Das Staunen über die Möglichkeiten, den Stoff zugleich ganz neu zu dramatisieren und inszenieren ebenfalls.

Die Ausschnitte aus dem noch unveröffentlichten Roman machen speziell neugierig. Melgg verwirklicht sich nach dem Brand von Glarus als Doktor im neu initiierten Spital von Glarus, wo er seine Erfahrung aus Altdorf einbringen kann. Vreneli ist am Schluss schwanger und stirbt — oder doch nicht?

Absolut überzeugend ist das Bühnenbild der Zürcher Inszenierung. Gespielt wird auf einem riesigen quadratischen Bretterboden. Das Publikum sitzt rundherum an den vier Wänden. Die Bretter der Bühne sind heb- und versenkbar und werden so zu glühenden Gletschern oder auch zum brennenden Glarus.

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P.S. vom 5.4.2007

Hexen

Tim Krohns “Quatemberkinder” wurde zum Kultbuch. Nun hat er sich für die Inszenierung von Mario Portmann im Theater an der Sihl noch intensiver an die Fortsetzung und weitere Szenen gemacht, die vor der Veröffentlichung in diesen Theaterabend einfliessen.

Von Thierry Frochaux

Wie fast immer bei grösseren Produktionen des Theaters an der Sihl sind die Spiellust der Darstellerinnen und die raffinierte Bühne auch bei Quatemberkinder - Vrenelis Gärtil eine helle Freude. Der Boden ist bedeckt von langen Brettern, die mittels Scharnier und einer Hebevorrichtung zwei gegenberliegende Hügel markieren können (Bühne Patrick Bannwart). Trotz der Spalten dazwischen geben die DarstellerInnen alles wenn sie die Berge hochhetzen, einander durch die Luft wirbeln oder auf dem Hosenboden runtersausen. Bis zur Pause nach ungefähr zwei Stunden gibt es eine geraffte Version der Quatemberkinder, und der Melk wie das Vreneli werden zuerst mit Puppenspiel eingeführt.
Mal sprechen alle sieben SchauspielerInnen im Chor, dann sich rasch abwechselnd, wechseln in Windeseile die Rollen und bringen die träfe und traumähnliche und Geschichte vom jungen Melk, der sein Glück als Sennenhilfe findet und das Hexen lernen wird, spannend auf die Bretter.
Nach der Pause gibt es mehrere Punkte, deren Logik sich nicht sofort erschliesst: Vreneli beispielsweise ändert ihren Dialekt und wird fortan Vriinä genannt; das hat gemäss Petra Fischer die mit Mario Portmann die Fassung erarbeitete, mit dem Sprachwechsel in der Vorlage zu tun. Aber auch in ersten Teil lässt diese Produktion viele der zahlreichen an Urdialekte erinnernde Fantasieworte weg, das gleichsam etwas fehlt, das Resultat aber immer noch stimmt. Trotz der langen Dauer von dreieinhalb Stunden eine faszinierende Arbeit; obwohl wegen eines Krankheitsfalles der zweiteTeil (an der zweiten Aufführung) stark gekürzt werden musste.