mario portmann

seekarte

seminar theaterpädagogische projektarbeit / theaterpraxis
fsu jena

imaginata theater der
imaginata jena

istvàn zelenka

theaterpädagogische fabrik des theaters altenburg-gera

seminar 1995/1996

das projekt

thema: die eigene geschichte - “valentins tag”

weg von der literatur
nach zwei durchgängen, die sich literarischen vorgaben annäherten sollte diesmal der schritt in die eigene “komposition”, den selber erschriebenen und umgesetzten stoff stattfinden. gleichzeitig interessierte es uns, im umgang mit offenen räumen noch riskanter, sprich unpädagogischer vorzugehen. aus diesem grund liessen wir die zielvorgabe für das sommerprojekt offen. wir mussten rausfinden, wohin es uns treiben, welches thema schliesslich auf uns zukommen würde.
die gruppenmitglieder wurden gleich von anfang an intensiver auch in die strukturierung des semesters einbezogen. sie leiteten trainings und szenische versuche.
improvisation im weitesten sinne war das feld, in dem wir uns tummeln würden. dies auch, um mit dieser neuen gruppe noch weiter und tiefer zu kommen im schauspielerischen bereich. bei den beiden anderen durchgängen verwandten wir viel zeit in der untersuchung spielerischer, die phantasie beflügelnder dramaturgischer verfahren der annäherung an die vorlage. diese sollte nun ausschliesslich der persönlichen spielerfahrung zur verfügung stehen.

die biographische etüde
als eckpunkt stand allerdings fest, dass wir in der ersten intensivphase nach dem startsemester uns mit einer szenischen form beschäftigen würden, die ich beim theatermacher rene niens aus den niederlanden kennengelernt hatte: das darstellen einer persönlichen begebenheit, alleine, als szenisches solo von 10 - 15 minuten.
was war der tiefere sinn? dieses unterfangen vermag gleich auf mehreren ebenen den spieler zu fordern:
- es ist ein naheliegender, einfacher und unprätentiöser schritt zur eigenen autorenschaft. der blick wird geschärft für die ganz kleinen und bedeutungsvollen facetten einer geschichte, eines augenblicks.
- um alleine, ohne hilfsmittel eine welt lebendig zu machen, bedarf es grundlegender spielerischer fähigkeiten: die phantasie und die fähigkeit, mit reduzierten charakterskizzen menschen anzureissen und das selbstvertrauen, dem druck des alleinseins standzuhalten.
- gleichzeitig wird erfahrbar, dass alles, wirklich alles was uns interessiert, szenisch erzählt werden kann. sogar und vorallem die kleinen und scheinbar undramatischen momente des lebens. die beobachtung einer biene im wohnzimmer, das gefühl beim betrachten eines sonnenaufgangs an der küste. genauso aber auch die dramatischere geschichten, der tod des vaters während der  schlachtung eines schweins auf dem bauernhof, die panik beim pilzesammeln im dunklen wald, etc.
- nicht zuletzt hielt ich es für fruchtbar, die studenten zu einer natürlichen, entspannten und direkten weise des spiels zu verführen indem sie ersteinmal bei sich, aus sich heraus arbeiteten. sie sind die experten ihres lebens und kennen genau die hintergrüde, die sounds und farben ihrer geschichte. der platz für dramatische allgemeinplätze ist in dieser spielform sehr eng.

die intensivwoche
in der woche im februar also bezogen wir ein häuschen in der abgeschiedenheit und jeder spieler, betreut von einem zugucker erarbeitete sich eine kleine geschichte aus seinem leben. diese arbeit fand ganz auf eigene faust ab. die betreuer, die zuseher lernten so eine eigene, neue form des “regieführens” kennen: dem spieler zu helfen, in seinen absichten weiterzukommen. sie sollten nur beschreiben und fragen stellen, helfen beim einrichten des raums und so dem autor und spieler den rücken freihalten. ihm aber auch durch rückmeldungen antreiben, immer konkreter und plastischer zu werden. eine selbstregulierende, trotz der aufgabenteilung gleichberechtigte arbeitsgemeinschaft.

am ende der woche wurden die resultate gegenseitig vorgeführt. dadurch, dass alle sich zeigten (und keiner zuvor wusste, was der andere erzählen würde) entstand ein druckfreier, offener raum. der abend erhielt eine ungeahnte, mich wie auch die spieler überraschende intensität. auf unterschiedlichste weise lernten wir uns neu kennen. einfach durch die sinnlich-szenische übersetzung eines persönlichen augenblicks. das experiment löste mehr ein, als was wir uns erhofft hatten. ein ungemein intimer und gleichzeitig theatraler abend. mit einer vielfalt von szenischen ideen, die begeisterte.

2. semester: biographie als dramatische quelle
nach der woche war klar, dass dieser ansatz facetten von leben zu erzählen, die wir alle irgendwo kennen, aber gleichsam neu entdecken, da sie aus authentischer perspektive entwickelt wurden, dass dieser weg ein interessanter für unser sommerprojekt wäre.
nun schien uns der rückgriff auf die eigene biographie noch als zu mutig, zu nah. diese sorge hatten wir aber nicht in bezug auf die lebensläufe unserer eltern und grosseltern. so begannen die ensemblemitglieder, zuhause nach begebenheiten und anekdoten ihrer grosseltern zu suchen. sie hielten ausschau nach den bekannten oder unbekannten schlüsselereignissen in deren lebensläufen, nach kuriosen begebenheiten, nach allem, was uns in diesem feld irgendwie ansprach, betroffen machte oder belustigte. in jeder sitzung verarbeiteten wir das neu dazugekommene material gleich in szenische experimente. jede geschichte wurde sofort szenisch oder performativ anschaulich gemacht. so kamen über die wochen eine menge von situationen, biographischen schlüsselmomenten, figuren und lebensläufen zusammen.

wie nun weiter arbeiten mit diesem material? wir reisten mit koffern voller ideen, noch ohne weitergehenderes konzept für drei wochen nach frankreich, erneut nach festes et st. andre.

> sommerprojektphase in festes et st. andre, frankreich

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